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Von verkörperter Kritik und
strukturierter Scheiße:

Mike Kelley und die Komödie der Kunstkritik der 1990er Jahre


by Sophia Roxane Rohwetter

Der Körper der Kritikerin, oder: The best way to fuck something up is to give it a body 


„The antagonistic relationship between the artist and the critic is such a common cliché that it is the stuff of Hollywood Comedies. The crux of the joke is that the artist and the critic are dependent on each other but have fundamentally different social positions and worldviews. As the story goes, the artist is uneducated but has a kind of innate gift for visual expression, which the educated and socialized critic must decode for the general population. The pathetic relationship of this odd couple is endlessly amusing.”1

In „Artist/Critic?“ (2002), einem kurzen Text über die Doppelrolle seines Freundes und Kollegen John Miller als Künstler/Kritiker, beschreibt Mike Kelley die Dynamik zwischen Künstler:in und Kritiker:in2 als eine klischeehafte Beziehung, wie man sie aus romantischen Hollywood-Komödien kennt. Der ungebildete, aber kreative Künstler und die kultivierte Kritikerin stehen sich antagonistisch gegenüber, sie können nicht ohne und nicht miteinander, ihre Differenzen und die durch sie produzierten, sich ständig wiederholenden Missverständnisse bringen uns, das Publikum, zum Lachen. Aber während in der Rom-Com das ungleiche Paar am Happy End für gewöhnlich in liebevoller Anerkennung ihrer Verschiedenheit zueinander findet, orientiert sich Kelley eher an der Lacan’schen Liebeskomödie, die der Logik folgt „die Liebe ist geben, was man nicht hat“3 – und bekommen, was man nicht gewollt hat. So wird in Kelleys Komödie der Antagonismus nicht harmonisch vermittelt und der Konflikt aufgehoben, vielmehr tritt an die Stelle der Komplementarität ein komisches (Nicht-)Verhältnis, in dem die Kritikerin im Künstler nicht nur nicht findet, was sie sucht, sondern auch etwas bekommt, nach dem sie nicht einmal gefragt hat. Dieses unerwünschte Geschenk, das komische Objekt, präsentiert sich in Kelleys Künstler-Kritikerin-Komödie als Körper. Und wie Kelley in der Installation Dialogue #1 („An Excerpt from Theory, Garbage, Stuffed Animals, Christ“) (1991) einen hellblauen schmuddeligen Teddybären zu einem pissgelben Plüschhasen sagen lässt: „The best way to fuck something up is to give it a body.“4 (Abbildung 1)



Abb. 1 Mike Kelley, Dialogue #1 (An Excerpt from "Theory, Garbage, Stuffed Animals, Christ"), 1991, Foto: © Nic Tenwiggenhorn, © Mike Kelley Foundation for the Arts / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy: Mike Kelley Foundation for the Arts.


Teddy und Hase sitzen sich auf einer auf dem Boden ausgebreiteten quadratischen roten Stoffdecke gegenüber, neben der zwei an einen Kassettenrecorder angeschlossene Lautsprecher platziert sind, aus denen der titelgebende Text „Theory, Garbage, Stuffed Animals, Christ“ erklingt. Dieser „Dialog“ entstammt – so die Behauptung – einer abendlichen Unterhaltung, die Kelley in einem romantischen französischen Restaurant überhört haben will und die er nun, selbst eingesprochen mit „der exaltiert verstellen Stimme einer Zeichentrickfigur“5, in die zugenähten Mäuler der Stofftiere legt. Die Unterhaltung beginnt zunächst mit einer ironischen Selbstreflektion des Dialogs als Form des antiken philosophischen Diskurses und als demokratisches Partizipationsversprechen. Romantisches Stofftier 1 fragt: „And aren’t the classic texts perhaps only a godlike monologue split into a pseudo-dialogue?“, woraufhin romantisches Stofftier 2 ausruft: „Schizophrenic monologue!“  Stofftier 1, plötzlich außer sich: „Lying to us…cheating us! Fuck you! Fuck them!” Stofftier 2, sein Date beruhigend: „Calm yourself! The form is democratic; theatrically, it allows us to enter.“6 Und so betreten auch wir, das lauschende Publikum, die Szene. Über die Kritik und zugleich performative Inszenierung der pseudo-demokratischen Form des Dialogs entwickelt sich der Text in eine komische Auseinandersetzung über Dualismen wie Demokratie und Autorität, Kunst und Kritik, Körper und Geist. In ihrer verkörperten Präsenz verliert die Kritik, so konstatieren Teddybär und Hase, ihren Anspruch auf Autorität.

„The best way to fuck something up is to give it a body.
A voice is killed when it is given a body. Whenever there’s a body around, you see its faults.
Theory proves that.
The body of a famous critic came to our class the other day.
Now we don’t believe its writings anymore.
Its writings became theatre.
And the presence of all that flesh made us think of all the things the writings didn’t speak of…of what was left out.
Authoritative voices must be disembodied to work.”7

In dem Moment, in dem der Körper der Kritikerin erscheint, in dem Kritik verkörpert wird, wird universale Theorie zu performativem Theater, denn das Fleisch macht sichtbar, was der Text verdrängt. Viele berühmte Kritiker:innen könnte man sich vorstellen, die, wie in Kelleys fiktiver Anekdote, plötzlich als Körper auftreten und ihre Autorität einbüßen: Clement Greenberg als fleischgewordene ‚flatness‘, der verkörperte Realismus eines Michael Fried, der ‚corpus deliciti‘ von Rosalind Krauss. Für letztere stellte der Körper weniger ein komisches als ein „phobisches Objekt“8 dar, der mitsamt seinen Öffnungen und Ausscheidungen in den frühen 1990er Jahren über die Abject Art in die Kunst und die Kunstkritik eingedrungen war, um gegen einen (post-)strukturalistischen Formalismus aufzubegehren, der „die Existenz eines ‚realen‘ Körpers oder dessen Wesenhaftigkeit generell leugnet“9. Für vermeintlich körperlose Kritiker:innen wie Krauss stellte die Abject Art demnach eine Bedrohung ihrer Methode dar; sie gefährdete ihre kunstkritische Autorität.

Während die kritischen Fürsprecher:innen der Abjektion, wie Krauss behauptet, sich dem Körper als dem ursprünglichen Ort des Abjekten zuwandten, um seine abgewerteten Substanzen und Exkremente zu sublimieren, argumentierten sie und ihre formalistische October–Crew (mit Ausnahme von Benjamin Buchloh) ihrerseits dafür, „die Natur aus der Kunst fernzuhalten“10 und den Körper nicht als Ort des Abjekten, sondern als Signifikant des Formlosen zu installieren. Suchten die einen das politische Subjekt in den Ausscheidungen des Körpers, und die anderen nach einer Politik der Form bzw. Formlosigkeit ohne ‚reale‘ Körper, offenbarte der Künstler–Kritiker Mike Kelley, der die widerstreitenden Positionen komisch vermittelte und dem Formlosen einen Körper gab, dass die Komödie der bürgerlichen Kunstkritik schon längst zu einer lächerlichen Farce geworden war.

Scheiße mit Struktur: Die Kritik der Kritik der Abjektion

Kelley eröffnet den Aufsatz „Artist/Critic?“ mit einem kurzen Kommentar zu Jasper Johns’ Bleirelief The Critic Smiles (1969). Darin eingeprägt ist eine Zahnbürste mit vier goldenen Zähnen als Borsten, darunter die geätzte Signatur des Künstlers. (Abbildung 2)


Abb. 2 Jasper Johns, The Critic Smiles, 1969, Denver Art Museum: Gift of Polly and Mark Addison, 2016.209, Foto: © Denver Art Museum,  © Bildrecht, Wien 2025.


„What does this mean?“, fragt Kelley, um sogleich zu antworten: „I don’t know, but my assumption has always been that it is a negative statement – an attack on the art critic.“11 Johns’ Relief wird hier zum Vorzeichen des Angriffs auf die Kunstkritik, den Kelley in seinem Essay übt, um an ihrer statt den oftmals missbilligten „Artist/Critic“ zu verteidigen. Insofern liest sich der Text auch als eine Selbstverteidigungsschrift.

Als Künstler/Kritiker kommentierte Kelley mit werkbegleitenden Statements seine eigenen Arbeiten, oft um den „unkontrollierten Wildwuchs der Deutungen und Zuschreibungen“12 zu disziplinieren oder die Wünsche und Projektionen seiner Kritiker:innen verzerrt zurückzuspiegeln. Um dem systematischen Ausschluss der für ihn zentralen (pop-)kulturellen und künstlerischen Referenzen durch das „critical establishment“13 entgegenzuwirken, intervenierte Kelley zudem mit Texten über Karikatur und Comics, Horror-B-Movies, Ufologie, Cross-Gender-Performances und Künstler am Rand der Concept oder Pop Art wie Öyvind Fahlström und David Askevold in die Kunstkritik und die Kunstgeschichtsschreibung. Doch spottete Kelley 1992 noch, dass „die offizielle Kunstkultur die Geschichte viel effektiver beherrscht als die republikanischen Strategen”14, war er bald selbst zu einer kunstkritischen Autorität avanciert. So gelangt Tom Holert 1995 auf der Suche nach dem „abwesenden Vater“ des Magazins Texte zur Kunst zunächst zum New Yorker Vorbild October und schließlich zum „Künstler-Intellektuellen“ und „Interessenverwalter“ Mike Kelley.15

Und doch wirft Kelley der Kunstkritik vor, „Artist/Critics“ aufgrund ihrer Doppelfunktion zu verunglimpfen: „Holding dual occupations is looked down upon. One cannot be a master in two fields, so the artist/critic is portrayed as a dabbler – and if one does happen to be a good writer, then the presumption is that he or she must be a bad artist.”16 Und so seien sie beide – Kelley und Miller – Opfer eines von Kritiker:innen wie Rosalind Krauss und Hal Foster gezielt vorbereiteten „artists‘ backlash“17, der eine Spaltung zwischen Kritiker:innen und Künstler:innen produziere, wobei letztere zu stimmlosen Kindern degradiert würden, über die sich die Kritiker:innen geistreich erheben. Mehr noch: Die Kritiker:innen nähmen den Künstler:innen ihre Stimme, indem sie diese als ihre eigene auswiesen. So wirft Kelley Krauss vor, sich während des „demokratischen“ Roundtable-Gesprächs „A Conversation on the ‚Informe‘ and the Abject“ mit Hal Foster, Benjamin Buchloh, Yve-Alain Bois, Denis Hollier und Helen Molesworth (man beachte die Abwesenheit künstlerischer Stimmen), John Millers abjekt-skatologische Interpretation eines Films von Richard Serra zu eigen gemacht zu haben.18

„Much of the current critical interest in the ‚abject’ is a by-product of investigations instigated primarily by artists […] Consider the round table discussion ‚A Conversation on the Informe and the Abject,’ published in the journal October in 1994, itself a somewhat belated response to the so-called abject art movement. In this exchange between several of October’s best-known critics, Rosalind Krauss suggests—as if it were a standard reading at the time—that Richard Serra’s film Hand Catching Lead (1968) could be related to abjection and anality. In fact, this example is borrowed from a review by Miller, ‚Body as Site’ (1990), in which he performs a critical experiment, related to his own aesthetic practice at the time, analyzing a screening of classic minimalist films by attending to their scatological implications. What disturbs me about Krauss’s position is that she doesn’t acknowledge Miller, even though this reading of Serra’s film is so odd—and so anchored in Miller’s practice—that it would be next to impossible for her not to know it was specifically his. Her refusal to give the artist a voice seems willful. It’s a perfect example of what I [posit] as the infantilization of the artist by the critical establishment.”19

Kelley bezieht sich hier auf Krauss‘ „perverse Frage“20, ob sich Serras Film Hand Catching Lead – ein Close-Up der sich öffnenden und schließenden Hand des Künstlers, die wiederholt versucht ein Stück Blei zu fangen – analog zu den Operationen des Schließmuskels gelesen werden könne. Eine Frage, die an Millers Vorschlag erinnert, sich Hand Catching Lead als Hand Catching Feces vorzustellen.21

Jedoch entgeht Kelley in seiner polemischen Krauss-Kritik ein entscheidender Unterschied. Denn während Miller eine buchstäbliche Lesart des Körpers und seinen abjekten Partialobjekten suggeriert, argumentiert Krauss, dass der Film letztlich versuche den Referenten des Körpers und die mit ihm verbundene Frage des Analen und Abjekten abzuwehren: „But the reason I’ve set up this example is that in Serra’s film it’s not given referential dimension; the film operates to hold off the referent, as well the kind of thematics it would imply. Surely you wouldn’t just say that Serra’s hand is his sphincter?”22

Lässt Krauss Millers kunstkritische Intervention unerwähnt, fällt sein Name im Gespräch dennoch wiederholt, etwa wenn es um die etwas lächerliche Streitfrage geht, ob der rot-braun bemalte Styropor-Scheißhaufen Untitled (1988), wenn auch kein „crystal ball“ und kein Mondrian, wirklich nur ein „pile of shit“ sei. (Abbildung 3)



Abb. 3: John Miller, Untitled, 1988, Foto: © John Miller, Courtesy the artist


Dabei argumentiert Krauss (gegen Buchloh), dass Millers brauner Haufen, wie auch die Bewegung von Serras Hand, zwar in Richtung des Skatologischen dränge, aber nur „strukturell“. Die Arbeiten stellen laut Krauss keine abjekten Objekte wie Scheißhaufen oder Schließmuskel dar; sie bewegen sich nicht auf der Ebene der Repräsentation, d.h. im Bereich des Abjekten, sondern auf der Ebene der Struktur, im Bereich des Formlosen. Mit anderen Worten: Krauss setzt gegen die „Wiederkehr des Signifikats“ und im Namen einer „Politik des Signifikanten“ Struktur gegen Repräsentation und Identität, das Formlose gegen das Abjekte, Form gegen Inhalt.

Krauss’ Wendung gegen den Diskurs der Abjektion war dabei auch eine Auseinandersetzung um die theoretischen Positionen von Georges Bataille und Julia Kristeva. Findet sich der Begriff der Abjektion bereits bei Bataille, bezogen sich Kunst und Kunstkritik der 1990er Jahre vorwiegend auf Kristeva, die in ihrem 1980 erschienenen Buch Powers of Horror: An Essay on Abjection argumentiert, „dass die Abgrenzung des reinen und sauberen Körpers eine wichtige Bedingung für die Konstitution des sprechendes Subjekts ist.“23 Eine von Kristeva ausgehende politisierte Kunstkritik der Abjektion, die künstlerische Werke auf eine „Ikonografie des Inhalts“, auf Abfall, Schmutz, Scheiße und sonstige Körperflüssigkeiten reduziere, und dem aus ihrer Sicht problematischen identitätspolitischen „Trend zum Thematischen“24 folge, setzte Krauss den aus der Philosophie Batailles entlehnten, strukturalistisch-formalistisch gewendeten Begriff des Formlosen (“l’informe”) entgegen, der als Ausgangspunkt der von ihr und Yve-Alain Bois 1996 im Centre Pompidou kuratierten Ausstellung „L‘informe: mode emploi“ diente.

From the Informe to the Abject, und wieder zurück

Das Formlose fungiert als programmatischer (Anti-)Begriff in Batailles „Kritischem Wörterbuch“, das erstmals 1929–1930 als Sonderrubrik in der Zeitschrift Documents erschien, unter anderem mit Beiträgen von Carl Einstein und Michel Leiris.25 In einer Art Definitionsverweigerung – „Ein Wörterbuch würde in dem Augenblick beginnen, in dem es nicht mehr den Sinn, sondern die Verrichtungen der Wörter verzeichnen würde“ – bestimmte Bataille das Formlose darin mit den folgenden Worten:

„Was er bezeichnet, hat keine Rechte in irgendeinem Sinne und lässt sich überall wie eine Spinne oder ein Wurm zertreten. Damit die akademischen Menschen zufrieden sind, ist es in der Tat erforderlich, dass das Universum Form annimmt. Die ganze Philosophie hat kein anderes Ziel: Es geht darum, alles in einen Gehrock, in einen mathematischen Reitmantel zu stecken. Dagegen läuft die Annahme, dass dem Universum nichts ähnelt und es nur formlos ist, auf die Aussage hinaus, dass das Universum so etwas wie eine Spinne oder wie Spucke sei.“26 

Gegen die sprachliche Disziplinierung der Formlosigkeit, gegen die Philosophie als abstrahierende Begriffsarbeit, die Form und Formlosigkeit positivistisch absteckt und in enzyklopädisches Wissen einfasst, lässt Bataille das Formlose in animalischen und abjekten Gestalten erscheinen: als Wurm, als Spucke, als Spinne.

Die Ausstellung „L’informe: mode’emploi“ (1996) und der begleitende Katalog „Formless. A User’s Guide“ (1997) lehnten sich konzeptuell an Batailles Wörterbuch an und gliederten sich in die vier Sektionen „base materialism“, „horizontality“, „pulse“ und „entropy“, die als Referenzpunkte für eine kritische Revision der Geschichte und Theorie moderner und zeitgenössischer Kunst und als Gegenmodelle zu den klassischen kunsthistorischen Kategorien Stil, Thema, Chronologie und Oeuvre fungierten. Den vier Begriffen sind im Katalog in alphabetischer Ordnung verschiedene Lemmata wie „Abattoir“, „Olympia“ und „Zone“ zugeordnet, die von Bois‘ einleitendem Essay „The Use Value of ‚Formless‘“27 und Krauss‘ Schlussbemerkung „The Destiny of the Informe“ gerahmt werden – ein kritisches enzyklopädisches Unterfangen, auf das Mike Kelley nur antworten würde: „If You Don’t Want to Know the Definition Don‘t Open The Dictionary“ (Abbildung 4).

Abb. 4: Mike Kelley, If You Don’t Want to Know the Definition Don’t Open The Dictionary, 1984, © Mike Kelley Foundation for the Arts / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy: Mike Kelley Foundation for the Arts


Wie Bois in der Einleitung mehrfach betont, ist das Formlose nach Bataille weder Substanz oder Konzept, sondern vielmehr eine performative Operation: „Nothing in and of itself, the formless has only an operational existence: it is a performalive, like obscene words, the violence of which derives less from semantics than from the very act of their delivery. The formless is an operation.“28 Die Mobilisierung des Begriffs der Operation, in seinem behaupteten Gegensatz zu Thema und Substanz, war dabei selbst eine strategisch-diskursive Operation, mit der Bois und Krauss gegen das Abjekte ins Feld zogen. Zeitgleich zu der Ausstellung plante eine andere Pariser Institution unter dem Titel From the Informe to the Abject ein potenziell konkurrierendes Projekt.29 Doch das Formlose, so Krauss‘ Einwand, finde, anders der teleologische Titel der Ausstellung suggeriere, seine Vollendung nicht im Abjekten, sondern nehme als Operation einen eigenen, semantikbefreiten Weg: „[…] it is our position that the formless has its own legacy to fulfill, its own destiny – which is partly that of liberating our thinking from the semantic, the servitude to thematics, to which abject art seems so thoroughly indentured.“30

In diesem Sinne diente die „performative Kraft des informe“ nicht nur dazu, mit Bataille und gegen Clement Greenberg, die Kunstgeschichte der Moderne „gegen den Strich zu bürsten“31, sondern auch als Intervention in die zeitgenössische Kunstkritik. Gegenwartskunst der 1990er Jahre war in der Ausstellung „L‘informe: mode emploi“ in den vier Sektionen durch je eine Position vertreten, die von der damaligen Kunstkritik und Ausstellungspolitik gerne in den thematischen Horizont der Abjektion gestellt wurde, und an dieser formlosen Stelle über ihn hinausweisen sollte.32 Mike Kelleys Bodeninstallation Riddle of the Sphinx (1991) bildete den Endpunkt der „operation horizontality”.

Destroy all Monsters: Die Rätsel der Sphinx

„Es ist am Morgen vierfüßig, am Mittag zweifüßig, am Abend dreifüßig“ – das Rätsel der Sphinx ist ein formales Rätsel. Es stellt die Frage nach der Form des Menschen im metaphorischen Bild eines neunfüßigen Wesens, das dem Lauf der Sonne und des Lebens folgt. Und es war der Schwellfuß Ödipus, der die formlose, monströse Gestalt in eine kohärente Form verwandelte, indem er es mit einem Wort – der Mensch, dem ersten Wort der Philosophie33 – löste und die auf allen Vieren krabbelnde, dann aufrecht gehende, und schließlich am Stock gestützte Gestalt kraft des Wortes zum Menschen aufrichtete, wobei er die Sphinx in den Abgrund stürzte, und sich sein eigenes tragisches Schicksal sicherte.

Mike Kelleys Installation Riddle of the Sphinx besteht aus einer großen, auf dem Boden ausgebreiteten, im Chevron-Muster maschinengestrickten Stoffdecke, unter der sich neun Objekte befinden, die Ausstülpungen in der Oberfläche des Stoffes bilden. Die Anzahl der verhüllten Objekte entspricht der Anzahl der neun Füße, die im Rätsel der Sphinx angedeutet werden. Der Farbverlauf der Strickdecke – von einem hellen Gelb hin zu einem tiefdunklen Blau – erinnert an einen kitschigen Sonnenauf- oder Sonnenuntergang und wiederholt sich in einem Kalenderbild des Fuji-Vulkans, der durch lavendelfarbene Wolken hindurch in den orange-gelben Himmel ragt. Das kleine Bild reduziert den erhabenen Vulkan auf eine Größe, die etwa den Dimensionen der verborgenen Objekte entspricht (Abbildung 5). In der tragischen Szene zeigt sich die Lächerlichkeit des Sublimen.


Abb. 5 Mike Kelley, Riddles of the Sphinx, 1991, Ausstellungsansicht Rosamund Felsen, Los Angeles, 1992 © Mike Kelley Foundation for the Arts / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy: Mike Kelley Foundation for the Arts.



Riddle of the Sphinx ist, wie auch Dialogue #1, Teil von Mike Kelleys viel rezipierter und wohl bekanntester Werkserie Half a Man (1987-1992), eine Art seriell erzähltes, tragikomisches Psychodrama bestehend aus Zeichnungen, Möbeln, Filzbannern, Strickdecken sowie verschiedenen Arrangements aus gebrauchten, abgegriffenen Stofftieren und Garnpuppen. Der erste „Akt“ von Half a Man, darunter eine Reihe von Filzbannern mit abjekten Slogans wie „PANTS SHITTER & PROUD“ sowie die abstrakt-expressionistisch anmutende Stofftierleinwand More Love Hours Than Can Ever Be Repaid, (1989), richtet sich in spielerischer Aneignung malerischer Konventionen vertikal und an der Wand aus. Mit den Bodeninstallationen der Arena-Serie, in denen Stofftiere in unterschiedlichen Konstellationen, gegenüber, neben- oder übereinander auf Strickdecken arrangiert sind, vollzog sich 1990 eine Bewegung von der Vertikalen in die Horizontale. Auf die Arenas folgten die Dialogues, die das Setting um eine akustische Ebene erweiterten, und schließlich dieInstallationen Riddle of the Sphinx (1991) und Lumpenprole (1991), in denen Kelley Stofftiere und andere gefundene Objekte direkt am Boden platzierte und unter Stoffdecken verhüllte. In Lumpenprole zeichnen sich – in Anspielung an die von Karl Marx als „unbestimmte, aufgelöste, hin- und hergeworfene Masse“34 bezeichnete konterrevolutionäre Klasse des Lumpenproletariats – 48 verhüllte Stofftiere als „formlose Lumpen“ in der Oberfläche des Stoffes ab (Abbildung 6).



Abb. 6 Mike Kelley, Lumpenprole, 1991, Ausstellungsansicht mumok Wien / © Bildrecht, Wien 2025 / mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Leihgabe der Österreichischen Ludwig-Stiftung


Kelleys „Horizontalisierung“ nimmt Krauss in ihrem Katalogbeitrag als Ausgangspunkt für ihre Interpretation von Riddle of the Sphinx und Lumpenprole (1991). Gegen die kritische Rezeption, die Kelleys horizontale Arrangements schmutziger Stofftiere in die „vertrauten Begriffe“ der Abjektion fasse – in die Begriffe „Geschlecht“ (das Spielzeug als Verkörperung weiblicher Handarbeit) und „Degradierung“ (die Substanz des Körpers als Schmutz), die sich in der Affirmation einer Kunst des Scheiterns, einer Ästhetik des Niederen, vereinen, stellt Krauss Kelleys horizontale Bewegung mit Batailles Begriff des Formlosen neu auf.35 So beschreibt sie die Installationen als „structural operation of the lower-than-low”, in der das „low“ nicht als Substanz (Exkrement) oder als Thema (Geschlecht und Erniedrigung) in Erscheinung tritt, sondern als „funktionaler Faktor in einer Operation“. Die im Rätsel der Sphinx verschlüsselten neun Füße des Menschen sowie die formlose Masse des Lumpenproletariats reduziert sie dabei auf formlose „Ausbrüche in einem horizontalen Feld“.36 Kurzum: Entgegen einer referentiellen Bezugnahme auf den Körper und seine Substanzen durch eine „inhaltistische Kunstkritik“, die sich mit dem psychoanalytisch-philosophischen Begriff des Abjekten „theoretisch aufzurüsten versuchte“37, verteidigte Krauss die streng eingeübte formal-strukturalistische Methode.38

Neben der im Namen des Formlosen ausgeführten formalistischen Analyse von Kelleys Stoffarbeiten liest sich Krauss‘ Katalogbeitrag vor allem als eine polemische Kritik an Laura Mulveys „inhaltistischer” Interpretation von Cindy Shermans Film-Stills und Schimmelbildern.  Krauss zufolge führe Mulveys feministisch-hermeneutische Lesart, nach der Shermans Ekelbilder (Erbrochenes, Schleim, Menstruationsblut, Haare, verdorbene Speisen) vor der Fetischisierung der Frau und damit vor jeglicher Möglichkeit der Bedeutung versagten, letztlich doch zu einer Bedeutung, nämlich zu der psychoanalytischen Wahrheit der Kastration, die das abjekte Objekt im Körper der Frau als Ort des Mangels identifiziere. Dagegen wendet Krauss ein, dass Shermans Bilder in ihrem Angriff auf die vertikale Bildachse, als formlose Operation der Horizontalisierung, darauf abzielen, „den Körper des Betrachters in das Bild hineinzuziehen, ihn zu entsublimieren, um ihn dort, in einem Bereich ohne Wahrheit, d.h. ohne letztes Signifikat […] – also formlos (informe) zu installieren.“39

Juliane Rebentisch hat in einer Replik auf Krauss’ Ausstellungsessay, den sie als „Verteidigung der eigenen formal-strukturalistischen Methode“ und als „Nachweis der Illegitimität einer thematisch argumentierenden Interpretation“ liest, darauf hingewiesen, dass Krauss trotz aller Behauptungen gegen Inhalt, Bedeutung und Wahrheit, gegen die Operationen der Enthüllung anzuschreiben, letztlich selbst „eine Szene der Entzifferung“ skizziert.40 Und doch kann Krauss auch hinter Kelleys „Schleier“, unter der Strickdecke, nichts finden außer das freie Spiel der Signifikanten. Doch entwirft Kelleys Verhüllungsspiel nicht buchstäblich eine Szene der Entzifferung, die die Kritik selbst betrifft? Präsentiert sich in der dramatischen Inszenierung des Rätsels der Sphinx nicht der „Rätselcharakter der Kunst“, der uns, wie Adorno schreibt, nicht mit dem erhabenen Geheimnis einer letzten Wahrheit konfrontiert, sondern mit ihrer lächerlichen Clownhaftigkeit?41 In einer komischen Geste spiegelt Kelley beiden Positionen, den Formalist:innen und den Inhaltist:innen, die Lächerlichkeit ihrer kunstkritischen Behauptung bzw. Enthauptung der Wahrheit der Kunst zurück. Für die Inhaltist:innen eröffnet er die Szene der Entzifferung, er gibt ihnen den Schleier der Kastration, den sie zu lüften suchen; den Formalist:innen präsentiert er ein horizontales Feld, in dem die formalen Operationsprinzipien in aller Offenheit daliegen. Oder um es anders auszudrücken: Kelleys Komödie der Kunstkritik verhöhnt den Wunsch, zu suchen und zu sehen, während sie zugleich etwas offenbart.

Etwa zeitgleich zur Entstehung seiner verhüllten Bodeninstallation verfasste Kelley einen Text über den italienischen B-Horrorfilm Caltiki, The Immortal Monster (1959) – ein Remake des Klassikers The Blob (1958) –, in dem er das Formlose als „Blob-Monster“ auftreten lässt. Der Held des Films ist ein Archäologe, der in eine Höhle und dann tiefer in eine wässrige Todesgrube hinabsteigt, um dort einen „formless pulsing shit pile“42 zu entdecken. In einer Schlüsselszene dringt das immer größer werdende Blob-Monster in eine luxuriöse Villa ein und sickert die Flure hinunter als wären sie Darmkanäle. „Formless blob monsters are my favorites – by far,” erklärt Kelley. „They are sublime in their unparticularity. I like them [because] you can make them into whatever you want.”43 Und so könnte man sich vorstellen, wie das verkörperte Formlose Krauss‘ Ideal des körperlosen Formlosen verfolgt, das phobische Objekt den bürgerlichen Formalismus heimsucht. Für Kelley manifestiert die Szene „das perfekte Bild eines klassenbewussten Monsters“44 – ein formloses, fäkales Monster, das in den bürgerlichen Raum hineingespült wird und sich dabei möglicherweise selbst hinabführt. Es ist, ähnlich wie die in Lumpenprole durch verhüllte Stofftiere repräsentierte unorganisierte Masse des Lumpenproletariats, das skatalogische Bild eines seltsam amorphen Klassenbewusstseins. Dieses findet eine weitere Wiederholung in einer Acrylzeichnung einer ranzigen Toilette, neben der eine unförmige Ausgabe des Kapitals baumelt. (Abbildung 7)



Abb. 7 Mike Kelley, The Polish Joke, From the series John Reed Club, 1992, © Mike Kelley Foundation for the Arts / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy: Mike Kelley Foundation for the Arts


Hal Foster behauptete einmal, dass, wenn es für die Kultur der Abjektion überhaupt ein Subjekt der Geschichte gibt, es nicht der Arbeiter, die Frau oder die Person of Color ist, sondern der Leichnam, der tote Körper.45 Wenn es für „die Kultur des Formlosen“ so etwas wie ein Subjekt der Geschichte gibt, so wäre es nach Rosalind Krauss wohl ein Subjekt, das sich vom phobischen Objekt des Körpers befreit.Und wenn das Formlose ein Zustand ist, in dem der Körper und mit ihm möglicherweise das Subjekt verloren gehen, so scheint auch der Horizont des Politischen darin zu verschwinden. Mike Kelley jedoch insistiert auf der Möglichkeit eines politischen Subjekts, das formlos und zugleich verkörpert ist – es ist das Subjekt der Komödie, das über die Kritiker:innen lacht und dabei selbst einer wird.

Sophia Roxane Rohwetter ist Kunstkritikerin und Prae-Doc-Universitätsassistentin am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien. Sie studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg und absolvierte ein Masterstudium in Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien mit einer Arbeit über das Tragische und das Komische im Werk von Mike Kelley. Ihre Texte erschienen in Magazinen wie Texte zur Kunst, Spike Art Magazine, dis/claim und Brand-New-Life.




1 Mike Kelley, „Artist/Critic? On the writings of John Miller“, in Ders., Foul Perfection: Essays and Criticism, hg. von John C. Welchman (Cambridge: MIT Press, 2003), 220-221.
2 Die von Kelley vorgestellte Beziehungsdynamik zwischen Künstler:in und Kritiker:in ist nicht notwendigerweise heterosexuell, und ihre jeweiligen Rollen nicht geschlechtsspezifisch. Für die folgende Argumentation werde ich entsprechend der Protagonist:innen dieses Textes – der Künstler Mike Kelley und die Kritikerin Rosalind Krauss – von Künstler und Kritikerin sprechen.
3 Jacques Lacan, Die Übertragung – Das Seminar, Buch VIII (Wien: Passagen Verlag, 2008), 2.
4 Mike Kelley, „Theory, Garbage, Stuffed Animals, Christ”, in Rainer Ganahl: Erziehungskomplex (Wien: Generali Foundation, 1997), 70.
5 Tom Holert, „Mike Kelley: Vater, Lehrer, Kind“, in Erste Wahl: 20 Jahre „Texte zur Kunst“ 1. Dekade, hg. von Isabelle Graw, Helmut Draxler und André Rottmann (Hamburg: Philo Fine Arts, 2011), 370.
6 Kelley, „Theory, Garbage, Stuffed Animals, Christ“, 67.
7 Ebd., 70.
8 „The ‚body’–as it has increasingly surfaced in current theoretical work–is rapidly becoming my phobic object.” (Rosalind Krauss, „The Politics of the Signifier II: A Conversation on the ‚Informe’ and the Abject”, October Nr. 67 (Winter 1994), 12.
9 Helen Molesworth, „Wie man Scheisse von Schuhcreme unterscheidet“, Texte zur Kunst Nr. 12 (Dezember 1993), 152.
10 Vgl. „The Politics of the Signifier II: A Conversation on the ‚Informe’ and the Abject“, 15-16.
11 Kelley, „Artist/Critic?“, 220.
12 Holert, „Mike Kelley: Vater, Lehrer, Kind“, 370.
13 Kelley, „Artist/Critic?“, 222, 224
14 Mike Kelley, „Death and Transfiguration“, in Ders., Minor Histories: Statements, Conversations, Proposals, hg. von John C. Welchman (Cambridge/London: MIT Press, 2004), 144.
15 Letztlich aber kommt Holert zu dem Schluss, dass Kelley als Künstler-Kritiker wohl weniger die Rolle des Vaters von Texte zur Kunst einnimmt, als vielmehr eine „Art Prüfstand für eine Kunstkritik zwischen Erfahrung und Theorie“ darstellt (Holert, „Mike Kelley: Vater, Lehrer, Kind“, 372).
16 Kelley, „Artist/Critic?“, 221.
17 Ebd.
18 „A Conversation on the ‚Informe‘ and the Abject“, veröffentlicht 1994 in October, war das zweite Gespräch in der Roundtable-Reihe „The Politics of the Signifier“ zum Thema „Abject” und folgte auf ein Gespräch über die Whitney Biennale von 1993, die nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer:innen symptomatisch für zwei Strömungen innerhalb der zeitgenössischen Kunst sei: die Hinwendung zu theoretischen Konzepten und der Fokus auf das Politische in der Kunst – ein „return of the signifier“, der auch die Kunstkritik heimsuche und dem eine „politics of the signifier“ entgegengehalten wurde, vgl. Hal Foster, Rosalind Krauss, Silvia Kolbowski, Miwon Kwon und Benjamin Buchloh, „The Politics of the Signifier: A Conversation on the Whitney Biennial“, October Nr. 66 (Herbst 1993), 3-27 sowie „The Politics of the Signifier II: A Conversation on the ‚Informe’ and the Abject“.
19 Kelley, „Artist/Critic?“, 224.
20 Vgl. Krauss, „The Politics of the Signifier II: A Conversation on the ‚Informe’ and the Abject“, 13. Krauss’ Frage richtet sich als Provokation an Buchloh und seiner Behauptung „[that] to bring in the urethral or the anal in relation to Serra’s 1968 splash piece is very difficult, and you would be a fool do so“.
21 Vgl. John Miller, „The Body as Site“, in Ders., The Price Club. Selected Writings (1977-1998) (Geneva: JRP Ed., 2000).
22 Krauss, „The Politics of the Signifier II: A Conversation on the ‚Informe’ and the Abject“, 13.
23 Juliane Rebentisch, „Abject, Informe und die Frage nach der Angemessenheit von Interpretationen“, in Erste Wahl: 20 Jahre „Texte zur Kunst“ 1. Dekade, hg. von Isabelle Graw, Helmut Draxler und André Rottmann (Hamburg: Philo Fine Arts, 2011), 192.
24 Vgl. ebd.
25 Die Zeitschrift agierte als eine Art „Kriegsmaschine gegen anerkanntes Gedankengut“ (Bataille) und richtete sich zugleich gegen die idealisierte Bildwelt des Breton’schen Surrealismus. Jede Ausgabe war eine kollektiv gestaltete „Meta-Collage“ aus Überlagerungen von Text und Bild (darunter etwa Fotografien von abgehackten Rinderfüßen oder den großen Zehen befreundeter Künstler), die „einen Bogen zwischen dem Wissen und Nicht-Wissen [spannte], einen Bilderbogen mit fragmentarischen Ausblicken auf jene Welt, die sich nicht darstellen, sondern nur erahnen lässt“ (Stefan Zweifel, „Georges Bataille. Geschichten des Auges“, https://www.diaphanes.de/titel/georges-bataille-geschichten-des-auges-4230).
26 Georges Bataille, „Formlos“, in Ders., Kritisches Wörterbuch (Berlin: Merve, 2005), 44-45.
27 Der Titel spielt auf Batailles Text „The Use Value of D.A.F. de Sade“ an, den Mike Kelley – selbst ein (kritischer) Leser Batailles – ausschnittsweise in einem Künstlerkatalog reproduzieren ließ.
28 Yve-Alain Bois, „The Use-Value of ‚Formless‘“, in Formless. A User’s Guide, hg. von Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois (Paris: Centre Georges Pompidou, 1996), 18.
29 Vgl. Rosalind Krauss, „The Destiny of the Informe“, in Formless. A User’s Guide, hg. von Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois (Paris: Centre Georges Pompidou, 1996), 235.
30 Ebd., 252.
31 Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois, „Preface“, in Formless. A User’s Guide, hg. von Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois (Paris: Centre Georges Pompidou, 1996), 9 (Übers. S.R.).
32 Neben Kelley waren die drei weiteren zeitgenössischen Positionen: Cindy Sherman (base materialism), James Colemans (pulse) und Allan McCollums (entropy). 
33 Vgl. Philippe Lacoue-Labarthe, „Oedipus as Figure“, Radical Philosophy Nr. 118, April 2003.
34 Karl Marx, „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte [1852]“, in MEW / Marx-Engels-Werke Bd. 8, Berlin: Dietz Verlag, 1988, 142.
35 Krauss, „The Destiny of the Informe“, 249-252.
36 Krauss, „The Destiny of the Informe“, 249.
37 Rebentisch, „Abject, Informe und die Frage nach der Angemessenheit von Interpretationen“, 192.
38 Ebd., 202.
39 Ebd.
40 Vgl. Sianne Ngai, Theory of the Gimmick. Aesthetic Judgment and Capitalist Form (Cambridge, Massachusetts: The Belknap Press of Harvard University Press, 2020), 86.
41 Mike Kelley, „Hollywood Filmic Language, Stuttered“, in Ders.: Foul Perfection: Essays and Criticism, hg. von John C. Welchman (Cambridge: MIT Press, 2003), 44.
42 Ebd.
43 Ebd. (Übers. S.R.).
44 Hal Foster, „Obscene, Abject, Traumatic“. October Nr. 78 (Herbst 1996), 123.


Journal der Freien Universität Berlin

Berlin, 2025